The View · Die Lehre

The View · Die Lehre

»The View«, deutsche Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Christopher D. Wallis (Hareesh) aus seinem Buch »Tantra Illuminated« 


Die Weltanschauung bzw. tantrische Sichtweise

Alles was existiert – durch alle Zeiten und darüber hinaus – ist ein einziges unend­liches gött­liches Bewusstsein, frei und glückselig. Im Feld seines eigenen Gewahrseins projiziert es eine Vielzahl vermeintlich unterschiedlichster Subjekte und ­Objekte: Jedes Objekt ist die Verwirklichung eines zeitlosen Potenzials, welches dem Licht des Bewusstseins innewohnt. Und jedes Subjekt, also Du und ich, sind genau dasselbe, plus ein limitierter, komprimierter Ort des Selbst-Gewahrseins.

Diese Schöpfung, ein göttliches Schauspiel, ist das Ergebnis eines natürlichen Impulses innerhalb des Bewusstseins der die Gesamtheit seiner Selbst-Erkenntnis durch Handlung zum Ausdruck bringen will. Dieser Impuls entspringt der Liebe.

Aus freiem Willen erfährt sich das ungebundene Licht des Bewusstseins selbst in komprimierten, endlichen Verkörperungen von Gewahrsein.

Wenn sich diese begrenzten Subjekte mit den eingeschränkten und eng umrissenen Möglichkeiten ihrer Wahrnehmung und Umstände identifizieren – die diese Phase ihrer Existenz ausmachen – anstatt mit dem überindividuellen umfassenden Pulsieren reinen Gewahrseins, welches ihre wahre Natur ist, dann erleben sie das, was man ,Leid‘ nennt.

Um dieses in seine natürliche Ordnung zu bringen, fühlen manche den inneren Drang, den Pfad von spiritueller Weisheit und yogischer Praxis zu verfolgen. Dies geschieht mit der Absicht, die fehl­geleitete Identifizierung aufzulösen und in der Unmittelbarkeit des Gewahrseins zu enthüllen, dass die gött­lichen Kräfte des Bewusstseins: Glückseligkeit, Wille, Wissen und Handeln ebenso der Gesamtheit jeder individuellen Erfahrung zugrundeliegen, wie auch der universellen. Dadurch wird ein Wiedererkennen hervorgerufen, dass die eigene wahre Identität zugleich die der höchsten Göttlichkeit ist, das Ganze in jedem einzelnen Teil.

Diese erfahrungsbezogene Erkenntnis wird wiederholt und durch unterschiedliche Mittel verstärkt, bis sie der nicht-konzeptionelle Urgrund für jeden Moment der Erfahrung wird, und die Wahrnehmung des begrenzten Selbst und der Trennung vom Ganzen sich schließlich im gleißenden Strahl ­vollständiger Expansion in perfekte Vollkommenheit auflöst.

Dann umfasst die eigene Wahrnehmung vollständig die Realität eines Universums, welches in der Lebendigkeit seiner vollkommenen Göttlichkeit exstatisch tanzt.

Übersetzung: Brigitte Heinz, Lektorat: Daniela M.


Mehr zu Tantra und warum dieser Begriff so fehlinterpretiert wird findest du hier!

Über

Grafikerin Web & Print, Yogalehrerin YA